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Deutsch-Polnische Begegnungen
Im Rahmen von zwei unterschiedlichen Projekt-Seminaren zur Studien und Berufsorientierung der Q12 wurden von den Schülerinnen und Schülern zwei Exkursionen nach Polen organisiert und durch-geführt. Während das Seminar unter Leitung von Herrn Popp sich vollständig auf die Auseinanderset-zung mit der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau konzentrierte (siehe gesonderter Artikel), legte das Seminar von Herrn Bühl den Schwerpunkt vor allem auf die Völkerverständigung zwischen Deutschen und Polen. Die Seminargruppe besuchte zwar auch das ehemalige Vernichtungslager in Auschwitz, stellte aber die Idee der „deutsch-polnischen Begegnung“ in den Mittelpunkt des Projekts. Zur Vorbereitung auf die Exkursion informierten sich die angehenden Abiturientinnen und Abiturienten in ausführlichen Recherchen über die deutsch-polnische Geschichte, nationale Stereotypen sowie die Kultur des Nachbarlandes.
Gefördert durch die Sanddorf-Stiftung, die sich im Bereich der Völkerverständigung für die Verbesserung der deutsch-polnischen Beziehungen engagiert, begann das Seminar die Reise ins Nachbarland in Warschau. In der Hauptstadt wandelten die Schülerinnen und Schüler zunächst auf den Spuren Willy Brandts und besuchten das Denkmal zum jüdischen Aufstand im Warschauer Ghetto von April 1943. Dort hatte der deutsche Bundeskanzler im Dezember 1970 mit seinem spontanen Kniefall weltweit Aufsehen erregt und eine Politik der Verständigung und Versöhnung im deutsch-polnischen Verhältnis eingeleitet. Weitere Programmpunkte bildeten der Besuch des beeindruckenden und sehr aufwändig gestalteten jüdischen Museums sowie des multimedialen Museums zum Aufstand der Warschauer Bevölkerung im Oktober 1944.
Das P-Seminar hatte sich allerdings nicht nur vorgenommen, das Wissen über die deutsch-polnische Geschichte zu vertiefen, sondern auch, das eigene Bild von Polen zu reflektieren und auf den Prüfstand zu stellen. Warschau zeigte sich dabei als junge, dynamische und moderne europäische Großstadt mit sehr gut funktionierender Infrastruktur – Mobilfunknetz und öffentlicher Nahverkehr funktionierten zum Erstaunen aller zuverlässiger und schneller als in so manch deutscher Stadt. Und auch die weitverbreiteten Vorurteile bezüglich der polnischen Unfreundlichkeit und Neigung zum Diebstahl wurden sehr schnell widerlegt. Etwas Unbehagen aber bereiteten den Schülern die durchaus sichtbaren Anzeichen eines wieder erstarkenden Nationalismus in Polen, der durch groß angelegte Militärparaden sowie auffallende patriotische Plakatierung direkt spürbar wurde.
Dieses leichte Unbehagen allerdings rückte durch die ersten direkten Begegnungen mit Polen schnell wieder in den Hintergrund. In Kurzinterviews mit Passanten erkundigten sich die angehenden Abitu-rienten nach dem Wissen der Polen über Deutschland sowie über Vorurteile gegenüber den Deut-schen. Sie erfragten außerdem, wie die aktuelle Beziehung zwischen Deutschland und Polen einge-schätzt wurde. Dabei mussten sie schnell feststellen, dass sich die ältere Generation unter anderem wohl auch aufgrund der Sprachbarriere nicht gerne mit ihnen unterhielt. Jüngere Polen hingegen, vor allem Studenten, beantworteten die Fragen gerne und kamen überraschenderweise sogar von selbst auf die deutschen Schüler zu. Eine große Mehrheit der Befragten bewertete das deutsch-polnische Verhältnis zwar im Moment als angespannt, sah es dennoch im Großen und Ganzen als gut, allerdings verbesserungswürdig an.
Diese Sichtweise der jüngeren Generation von Polen machte den P-Seminar-Teilnehmern Mut, die zweite Etappe der Reise anzutreten, um im knapp 300 km entfernten Krakau einen Schüleraustausch zwischen dem Olympia-Morata-Gymnasium und dem Lyzeum in Miéchow, der vor Jahren zum erliegen gekommen war, zu reaktivieren. Dazu hatten die Schweinfurter ein Treffen mit einer Gruppe gleichaltriger polnischer Schüler organisiert. Die Veranstaltung war ein voller Erfolg. Die Jugendlichen beider Länder legten bei Kaffee und Kuchen schnell die anfänglichen Berührungsängste ab und tauschten sich über Hobbys und Schule sowie über nationale Stereotype, die gemeinsame Geschichte und die Gegenwart aus. Trotz oder gerade wegen des aktuell politisch angespannten Verhältnisses zwischen den beiden Ländern sahen es die Beteiligten als äußerst wichtig an, Kontakte, Begegnungen und Freundschaft zwischen jungen Deutschen und Polen zu fördern und sich für die Wiederaufnahme des Schüleraustausches an beiden Schulen einzusetzen. Erfreulicherweise würde dieser im April und Juni nächsten Jahres tatsächlich wieder stattfinden, falls sich genügend Interessierte auf beiden Seiten finden und es keine Gesundheitsbedenken gibt.
Andreas Bühl
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