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Pinguine in Weimar

Goethe? Schiller? Für viele SuS der Q12G9 bestimmt kein großer Grund zur Freude … Dafür war die Stimmung im Bus aber ziemlich gut, als es dann (natürlich mit etwas Verspätung) an einem Donnerstagmorgen losging. Auf unserer Weimar-To-Do-Liste standen die Goethe/Schiller-Wohnhäuser, das Goethe-Nationalmuseum sowie die Anna-Amalia-Bibliothek.

Goethes dickstes Buch
Hätten wir vorher raten müssen, welches das dickste Buch Goethes ist, hätten wir wahrscheinlich auf den „Faust“ oder auf einen seiner Gedichtbände getippt – aber wie unser sehr engagierter Guide uns mitteilte, ist Goethes Buch über die Farbenlehre sein umfangreichstes Werk! Goethe war nicht nur ein Dichter, sondern auch ein begeisterter Naturwissenschaftler, der sich für fast alles interessierte: Vor allem seine Mineraliensammlung mit über 23 000 Steinen aus aller Welt und einem eigens dafür eingerichteten Steinpavillon im Garten seines Wohnhauses hat uns sehr überrascht. Aber auch Goethes Interesse an Pflanzen (ein eigener botanischer Experimentiergarten) oder sein Studium des menschlichen Schädels (ausgestellt im Goethe-Nationalmuseum) waren für uns sehr erstaunlich. Goethe war ein echtes Universalgenie!


Schiller als Ehrenbürger Frankreichs
Die Zeit Schillers und Goethes war von geschichtlichen Ereignissen nur so gespickt. Obwohl der historische Hintergrund allen SuS zumindest theoretisch bekannt war, realisierten die meisten den Einfluss dieses Zeitgeschehens auf Goethe und Schiller in Weimar (damals mit nur 6000 Einwohnern!) erst in Schillers Wohnhaus. Gleich zu Beginn der Führung erzählte uns unser Guide von Schillers Flucht aus seinem autoritär geprägten Heimatland Württemberg, wo ihm ein Schreibverbot und Haft durch den despotischen Landesherrn drohten, nach Thüringen. Dann, ein paar Jahre nach Schillers Ankunft und just kurz nach seiner ersten Vorlesung als neuer Geschichtsprofessor in Jena, geschah das nächste Weltereignis: Mit dem Sturm auf die Bastille fing die Französische Revolution in Frankreich an, die Schiller als ein leidenschaftlicher Vertreter der Freiheit zumindest anfänglich sehr befürwortete. Diese Zuneigung war gegenseitig; den Beweis dafür – Schillers von Revolutionären verliehene Ehrenurkunde des französischen Staats – konnten wir auch „in echt” in Schillers Wohnhaus bestaunen. Das Highlight in dem Wohnhaus war für viele jedoch Schillers Schreibtisch im 2. Stock, an dem er oft bis tief in die Nacht seine zahlreichen Werke verfasste. Dieser Schreibtisch illustriert sogar noch eine Verbindung zwischen Schiller und der Geschichte, wenn auch in einem ganz anderen Sinne: Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Schreibtisch aus Angst vor Bombardierungen ins KZ Buchenwald transportiert, um dort von Häftlingen eine Kopie anfertigen zu lassen. Wie unser Guide betonte: „So wird aus dem Land der Dichter und Denker ganz schnell das Land der Richter und Henker”. Auch Goethe nahm das Zeitgeschehen ziemlich mit, er setzte aber noch einen drauf und sagte in seinem Faust II einige (dann tatsächlich eingetretene) Ereignisse voraus, zum Beispiel die Erfindung des Geldscheins oder die der Züge. Das hat uns ziemlich beeindruckt.


Goethe, Schiller und die Liebe
Beide Dichter führten für die damalige Zeit ungewöhnliche Liebesbeziehungen. Schiller zum Beispiel war in seinen jungen Jahren in zwei Schwestern gleichzeitig verliebt und schaffte es sogar, in einem Brief beiden gleichzeitig seine Liebe zu gestehen, ohne dass diese sich von ihm abwandten – ein Beweis für Schillers außerordentliche Wortgewalt! Aber auch Goethe ließ sich in Sachen Liebe nichts bieten; er lebte jahrelang mit seiner Lebensgefährtin Christiane Vulpius in einer unverheirateten Partnerschaft – damals ein Skandal, der nur geduldet wurde, weil Goethe eben Goethe war. 1806 heiraten die beiden doch und verbrachten noch etwa 10 Jahre zusammen in Goethes stattlichem Wohnhaus im Herzen von Weimar.


Goethes Reiselust
Die großen Gegensätze zwischen Goethe und Schiller wurden uns beim Besuch der beiden Wohnhäuser bewusst. Während Goethe aus einer reichen Frankfurter Kaufmannsfamilie stammte und durch seine enge Freundschaft mit dem Herzogssohn Carl August von Weimar stets sehr vermögend blieb, lebte Schiller sein ganzes Leben lang an der Grenze zur Armut und plante im kleinsten Detail die nötigen Veröffentlichungen seiner Werke, um sich und seine Familie ernähren zu können (dieses Dokument, verfasst in Schillers Schreibschrift, beinhaltet seine geplanten Dramen bis 1813!). Schillers Armut und sein kränklicher Gesundheitszustand führten dazu, dass Schiller sein ganzes Leben in und um Thüringen verbrachte. Goethe hingegen legte im Laufe seines Lebens über 40 000 Reisekilometer quer durch Europa zurück, und das alles mit Kutsche und Pferd (bis nach Süditalien brauchte er über zwei Jahre!). Trotz all seiner Reisen hatte Goethe auch Pflichten in Weimar; er war in politischen und administrativen Bereichen tätig wie zum Beispiel als Bibliotheksherr der Anna-Amalia-Bibliothek, deren Bestand unter Goethes Leitung fast verdoppelt wurde! Der Besuch dieser wunderschönen Bibliothek war für einige der Höhepunkt des Weimarausflugs, schon allein wegen der Riesenüberzüge aus Filz, die wir über unsere Schuhe ziehen mussten, weshalb wir „wie Pinguine” (Zitat Schülerin) inmitten von tausenden Büchern herumwatschelten.


Denkmal Goethe-Schiller
Und zum Schluss durfte ein Gruppenfoto am berühmten Goethe-Schiller-Denkmal natürlich nicht fehlen! Das schon im Unterricht besprochene Monument (für das der Künstler Schillers Körpergröße reduzierte, damit Schiller und Goethe auch physisch ebenbürtig sind) war das letzte Ziel auf unserer Liste, das den Tag auf jeden Fall perfekt abrundete. Goethe? Schiller? Seit unserem Weimarausflug ziemlich cool!


Luise Schmittner (in Zusammenarbeit mit dem ganzen Kurs 2d2, Tashina Voit und Kerstin Meisch)

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